Ich habe das Gefühl, als sei die Welt satt von den Praktiken, müde der trockenen Beweisbarkeiten, überdrüssig der intellektuellen Konstruktionen und dürren Programme, als sehne sie sich, wie soll ich sagen, nach Seelenspeise, als wolle sie nicht länger auf einen Anspruch verzichten, der so unveräußerlich ist wie der auf Brot und Luft und Kleidung, als empöre sie sich im Innersten gegen das Wort von den verlorenen Illusionen und schicke sich an, sie wieder zurückzuerobern, als sei ihr eine so harte Prüfung wie die gegenwärtige nur deshalb auferlegt, damit sie erkenne, wo die Rettung liegt. Es will mir scheinen, als ob eine neue Romantik heraufdämmerte, keine bläßliche, verschwindelte und rückwärtsgewandte wie die der Großväter, die ja bloß wieder das matte Nachwehen eines echten Verinnerlichungsprozesses war. sondern eine Renaissance des Herzens, eine Neugeburt der lebensgestaltenden Fantasie.
(aus: »Der Fall Maurizius«)
~ Jakob Wassermann ~
deutscher Schriftsteller, zählte zu den produktivsten und populärsten Erzählern seiner Zeit; 1873-1934